Freizeitstress? Diese 5 Tipps helfen gegen Fomo

Partys, Picknick, Paraden: Gerade ist viel los, und das ist einerseits toll. Und andererseits verdammt anstrengend. Wie können wir uns in diesen besonderen Zeiten vor Freizeitstress schützen?

Unsere aktuelle Posterkampagne erinnert, auf die eigenen Bedürfnisse zu achten

Fomo, die

Abkürzung für »fear of missing out«
Die Angst, etwas zu verpassen
Fo | mo

Es ist doch schon wieder viel zu viel los

Vielleicht sind sie dir aufgefallen: Ab heute hängen in Hamburg und Berlin wieder Poster von uns. Wie für unseren Verlag üblich, wollen sie dich daran erinnern, auf deine Bedürfnisse zu achten. Gerade ist schon wieder so viel los und das kann ziemlich belastend sein.

Versteht uns nicht falsch: Wir lieben, dass Kunst, Kultur und Konzerte endlich wieder stattfinden. Als Teil der Kulturszene haben uns und unserem gesamten Netzwerk die letzten beiden Jahre ziemlich zugesetzt. Nach zwei Jahren voller Einschränkungen tut uns der soziale Austausch richtig gut. Aber leider nur bis zu einem gewissen Grad.

Sommer, Sonne, sozialer Leistungsdruck?

Fomo bezeichnet die Angst, etwas zu verpassen. Bist du betroffen, kennst du das Gefühl vielleicht: Erblickst du ein Veranstaltungsplakat, fragst du dich direkt, ob du dabei sein solltest. Einladung zu einer Party möchtest du meistens reflexartig annehmen. Und gerade Zusammentreffen deiner sozialen Kontakte möchtest du unter gar keinen Umständen verpassen.

Aber vielleicht merkst du auch: Das ist alles ganz schön anstrengend. Und vielleicht ahnst du schon, dass du es etwas ruhiger angehen solltest.

Ausgehen ist anstrengend

Es gibt viele Gründe, warum Veranstaltungen und Partys eine Belastung darstellen können:

  • Die Zeit fehlt dir für andere Dinge
  • Du trinkst vielleicht mehr Alkohol oder konsumierst Drogen
  • Du schläfst weniger oder schlechter
  • Deine Arbeit oder Ausbildung leidet wegen deiner Erschöpfung
  • Dir fehlt Energie für Bewegung und Sport
  • Du fühlst dich konstant gehetzt
  • Die vielen sozialen Interaktionen ermüden dich
  • Dir entstehen enorme Kosten für Tickets, Geschenke oder auswärtiges Essen
  • Du ernährst dich ungesünder oder nicht im Rahmen deiner Anforderungen
  • Du verlierst den Fokus auf deine engen sozialen Kontakte oder deine Partnerschaft
  • Dir fehlt Ruhe zum Verarbeiten all der Eindrücke

Dazu kommt, dass sicher nicht jedes Event so erfüllend ist, wie du dir das erhofft hast. Manchmal tauschst du deine wertvolle Energie gegen Enttäuschung. Ein schlechter Deal.

Dennoch ist es gerade nach zwei Jahren Pandemie oft mit einem schlechten Gewissen verbunden, etwas abzusagen. Wie du diesen Glaubenssatz über Bord des Partyschiffs werfen kannst, erklären wir dir mit diesen fünf Tipps.

Tipp 1: Du musst (und kannst) nichts nachholen

Verstehe, dass es nicht deine Aufgabe ist, irgendetwas nachzuholen. Ja, die letzten beiden Jahre waren von Verzicht und Schmerz geprägt. Jetzt auf jede Party und jedes Picknick zu rennen, macht das nicht ungeschehen. Natürlich kann es heilsam sein, jetzt wieder mehr unter Menschen zu kommen und deine sozialen Kontakte zu pflegen. Aber du kannst nicht rückwirkend deine sozialen Batterien aufladen. Einige Menschen sehen es als eine Art ausgleichende Gerechtigkeit, jetzt maximal zu eskalieren.

Kann guttun: Eskalation in Maßen

Wir sagen: Schließe mit den letzten beiden Jahren ab (unser Postpandemieplan hilft dabei) und beginne jetzt eine neue Zeitrechnung. Lass den Schmerz ziehen, lass die Verbitterung los. Manchmal muss das ganz bewusst passieren.

Geh auf so viele Partys, wie du möchtest. Aber geh auf keine einzige, nur weil es so lang nicht ging. So funktioniert das nicht. Achte auf deine heutigen Bedürfnisse. Wahrscheinlich haben sich diese seit 2020 etwas verändert. Frage dich vor jeder Event-Planung: Möchte ich das wirklich? Tut mir das gut?

Tipp 2: Sei empathisch mit deinem Zukunfts-Ich

Ist eine Veranstaltung in weiter Ferne, ist es leicht, zuzusagen. Aber überlege, ob du aus Empathie mit dir selbst etwas zurückhaltender mit deiner Planung sein solltest. Laste dir nicht im Vorfeld zu viel auf, sondern überlege, ob du deine Freizeitplanung etwas spontaner gestalten kannst.

Was bei Konzerten mit begrenzten Tickets schwierig ist, geht bei privaten Feiern oft recht gut. Du weißt nie im Voraus, wie es dir an dem entsprechenden Abend dann gehen wird. Plane deswegen zurückhaltender, als es der aktuelle Zeitgeist derzeit vorgibt.

Diese Empathie mit dir selbst ist generell das Konzept der Stunde. Selbstmitgefühl bedeutet, dass du bei allen Entscheidungen kurz in dich horchst, ob es wirklich das ist, was du willst, oder ob dich Gruppenzwang oder eben Fomo leitet. Und dass du dir dann ganz bewusst zugestehst, auf deine mentale Gesundheit zu achten.

Tipp 3: Es ist O. K., wenn sich richtige Entscheidungen falsch anfühlen

Zugegeben, das klingt gar nicht wie ein Tipp. Aber ganz generell gilt: Du musst nicht jedes negative Gefühl wegrationalisieren. Es ist normal, dass es sich schlecht anfühlen kann, wenn viel passiert und du nicht dabei bist.

Eine Kunst: Ambivalenz aushalten

Verstehe, dass schlechte Gefühle nicht bedeuten, dass du eine falsche Entscheidung getroffen hast. Richtige Entscheidungen fühlen sich manchmal falsch an. Und der Entschluss, nicht auf ein Konzert zu gehen und stattdessen den Abend für dich zu haben, kann die richtige Entscheidung sein. Akzeptiere diesen leichten Schmerz und sag dir, dass es trotzdem die richtige Wahl war. Deine mentale Gesundheit geht immer vor und dir nicht deine gesamten Wochenenden der Zukunft durchzuplanen, kann einen enorm positiven Effekt auf deine mentale Gesundheit haben.

Und jetzt mal ganz allgemein gesprochen: Es geht im Leben nicht darum, mit jeder Situation immer völlig im Reinen zu sein. Das Leben ist komplex, das Leben ist ambivalent. Du bist komplex, du bist ambivalent. Es ist völlig O. K., wenn du komplexe und ambivalente Gefühle zu Situationen hast. Wie schon erwähnt: Viele richtige Entscheidungen in deinem Leben werden sich nicht richtig anfühlen. Akzeptiere das, und du wirst es leichter haben.

Tipp 4: Verstehe, wie wichtig es ist, zur Ruhe zu kommen

Die Nachteile, überall dabei sein zu wollen, haben wir schon aufgelistet. Besser ist aber eine positive Sicht auf Dinge: Was sind die Vorteile, dir immer wieder bewusst nichts vorzunehmen?

Das kann sehr vielfältig sein und am besten fertigst du deine eigene Liste an, die du dann verinnerlichen solltest. Irgendwas hat dich ja dazu gebracht, diesen Artikel aufzurufen. Irgendeine Art Leidensdruck scheint es also bei dir zu geben und aus irgendeinem Grund wünschst du dir, etwas zur Ruhe zu kommen.

Urlaub fürs Gehirn: ungestörte Couchzeit

Generell benötigt dein Gehirn viel mehr Auszeiten, als du das annimmst. So viele Reize prasseln täglich auf uns ein; diese alle wegzusortieren bedarf viel Zeit der Reizarmut (wenig Lärm, wenig Licht, wenig Leistungsdruck). Das muss nicht die Meditation oder das Puzzeln sein: Alles, was dich entspannt und kognitiv nicht zu sehr fordert, ist geeignet.
Ebenso kann es sinnvoll sein, durch die Reduzierung von Freizeitaktivitäten Raum für Selbstreflexion und Achtsamkeit zu schaffen. Einige Menschen fühlen sich fast genötigt, an möglichst vielen Zusammenkünften teilzunehmen, um gar nicht erst die Muße zu finden, über ihr Leben nachzudenken. Verzichten sie dann ein wenig auf Kegeln, Kickern und Cornern, entsteht langsam ein Raum, in dem sie sich mit sich selbst beschäftigen können.

An dieser Stelle finden wir es wichtig zu erwähnen, dass natürlich nicht nur Freizeitaktivitäten für den Zeit- und Ruhemangel verantwortlich sind. Besonders der Job, die Care-Arbeit und andere Verpflichtungen besetzen zeitliche Ressourcen. Aber gerade, weil Freizeit schon so knapp ist, sollten wir sie gelegentlich auch für echte Entschleunigung nutzen.

Tipp 5: Verstehe die Psychologie von FOMO

Der wichtigste Tipp zuletzt: Verstehe, woher deine Fomo kommt. Verstehe, warum du dich unruhig fühlst, wenn du etwas verpasst. Einer der eindeutigsten Gründe ist das Sozialverhalten der Menschen. Wir alle sind auf unsere sozialen Kontakte angewiesen, um mental gesund zu bleiben. Wer nicht dabei ist, während sich alle anderen versammeln, hat die Sorge, aus dieser „Herde“ ausgeschlossen zu werden. Vor gar nicht allzu langer Zeit hätte dies das Todesurteil für einen einzelnen Menschen bedeutet. Gelegentlich Fomo zu verspüren, ist also durch und durch menschlich.

Frage dich deswegen, wie gut du dich in dein soziales Netz eingebunden fühlst. Spürst du wenig Verbundenheit oder dich immer wieder einsam oder unverstanden? Dann könnte eine verpasste Party dieses Distanzgefühl verstärken.

Klar ist: Ein soziales Netz stabilisiert sich nur durch regelmäßigen Austausch. Aber verstehe, dass es nicht um konstante Präsenz geht. Es ist völlig in Ordnung, wenn du die Person bist, die vielleicht nicht immer dabei ist, aber bei der man sich immer melden kann und die immer zuhört. Kommuniziere deine Bedürfnisse am besten offen. Begründe Absagen damit, dass du dir etwas Ruhe wünschst, aber sehr gern für Treffen im kleineren Rahmen zur Verfügung stehst. Dein soziales Netz kann Grenzen nur achten und auf deine Bedürfnisse reagieren, wenn du diese offen kommunizierst.

Mach nur, was dir guttut

Du siehst: Hinter dem Begriff Fomo stehen komplexe psychologische Phänomene. Wenn du diese durchschaust, kannst du vielleicht etwas mehr Gelassenheit in deinen Alltag bringen und ein Leben mehr im Einklang mit deinen Bedürfnissen führen. Und vielleicht verspürst du ja irgendwann JOMO („joy of missing out“) und kannst sogar genießen, etwas zu verpassen, weil es dir damit langfristig besser geht …

Es ist aber genauso legitim, wenn du jetzt von einer Veranstaltung zur nächsten hüpfst, und das aktuelle Angebot an Aktivität und Abenteuer ausnahmslos annimmst. Aber dann kannst du dies jetzt vielleicht etwas mündiger tun, weil du aktiv entschieden hast, dass es das ist, was du jetzt brauchst.

Apropos ein Leben im Einklang mit deinen Bedürfnissen: Wir sind ein kleiner, ökologischer Verlag aus Berlin und finanzieren unsere inhaltliche Arbeit mit dem Verkauf unserer Bücher. In unserem Shop findest du Terminkalender für mehr Achtsamkeit und weniger Stress, Tagebücher für mehr Selbstliebe und Kinderbücher gegen Gefühlschaos. Ist das alles nichts für dich, lade dir doch unsere App für mehr Achtsamkeit und Gelassenheit: gratis für iOS, gratis für Android. Und hast du unsere Plakate in freier Wildbahn gesehen, schick uns doch gern ein Foto auf Instagram!

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Da ein Versand von Postern teuer und aufwendig ist, verkaufen wir diese nicht. Du kannst sie dir aber als PDF herunterladen und in Copyshops ausdrucken lassen. Wir empfehlen das Format DIN A1. Die Kosten schwanken je nach Druck- und Papierqualität zwischen 5 und 20 EUR pro Stück.

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Kategorien Achtsamkeit Mentale Gesundheit Psychologie Selbsthilfe

über

Jan Lenarz ist Gründer und Geschäftsführer von Ein guter Plan. Der mehrfache SPIEGEL-Bestsellerautor engagiert sich politisch für mentale Gesundheit und schreibt über Achtsamkeit, Depression und Burnout. Er engagiert sich ehrenamtlich als Rettungssanitäter und Erste-Hilfe-Ausbilder. Bei den Einsätzen im Berliner Stadtgebiet wird seine hart antrainierte Gelassenheit regelmäßig auf die Probe gestellt. Website Instagram

5 comments on »Freizeitstress? Diese 5 Tipps helfen gegen Fomo«

  1. Eure poster in der herfurthstr in Berlin haben mich genau im richtigen Moment erwischt, und zwar bei der Entscheidung ob ich auf mein erstes und einziges Festival seit 6 Jahren fahren soll oder nicht. Habe mich dagegen entschieden und langsam glaube ich dass obwohl ich das Geld furs Tocket nicht wieder bekomme das die richtige Entscheidung war.
    Danke!!

  2. Ich praktiziere JOMO seit vielen Jahren , noch bevor ich überhaupt den Begriff kannte. Ich mache dadurch meist nur Dinge, auf die ich in diesem Moment auch wirklich genügend Kraft habe . Mein Umfeld hat sich inzwischen daran gewöhnt und manche tun es mir gleich. Wie Jan schreibt, keine/r kann sagen, ob er in 5,5 Wochen (fiktiv) wirklich Lust hat eine gewisse Veranstaltung zu besuchen.
    Versucht es einfach mal. Man gewinnt ein großes Maß an Ruhe und Gelassenheit. Ich habe dadurch auch keine Freundschaften verloren und bin mir auch sicher, dass mir das so gut durch die Pandemiezeit geholfen hat. Da ich daran gewöhnt bin, mich kurzfristig auf gegebene Situationen einzustellen

  3. Alles, was Olivia oben sagt! 😉
    PS: Sehr über euer Plakat in der Marktstr./Hamburg gefreut.

  4. Super klug, super hilfreich, so auf den Punkt gebracht – Tausend Dank!

  5. Ihr seid einfach der absolute Kracher! Was ihr für Worte findet… Ich empfehle euch konstant weiter – an meine Patient*innen und an mein privates Umfeld. Ich lieb die Poster, den Postpandemie-Plan, Ein guter Corona-Winter, eure Artikel, die Zitate, die Kalender. Diese lockere Art von Achtsamkeit, diese gute Balance -ich bin ganz begeistert von eurem Ton und möchte euch danken und den Rücken stärken! Liebe Grüße

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