Der Begriff des Burnout-Syndroms ist umstritten, auch in aktuellen Klassifikationen wird Burnout nicht als eigenständige Diagnose bzw. Krankheit eingestuft. Dennoch kennen viele von uns das Gefühl des Ausgebranntseins und wir finden es passend, diesen emotionalen Erschöpfungszustand eben als Burnout zu bezeichnen, Klassifikation hin oder her.
Überarbeitung wird oft als alleiniger Grund für diese Symptomatik angeführt, aber die Wahrheit ist komplexer. Denn viele andere Faktoren erzeugen Stress und emotionale Anspannung. In einem liebevollen und wertschätzenden Arbeitsumfeld führen lange Arbeitszeiten und zu kurze Pausen zwar zwangsläufig zu einer physischen Erschöpfung und sind deswegen ebenso kritisch zu betrachten. Eine emotionale Erschöpfung tritt jedoch erst auf, wenn ein Zusammenspiel mehrere Faktoren gegeben ist.
Bei Ein guter Plan werden wir nicht müde zu betonen, dass Achtsamkeit zwingende Voraussetzung für eine Änderung des Status quo ist. Erst wenn wir Probleme erkennen und benennen können, können wir sie angehen. Deswegen möchten wir euch kurz die sechs Faktoren aufzeigen, die zur emotionalen Erschöpfung führen.
6 Faktoren, die Burnout verursachen
1. Keine Kontrolle
Hast du keinen Einfluss auf die Prozesse und Abläufe in deinem Job, deinem Privatleben, deiner Wohnsituation und deinen sozialen Kontakten fühlst du dich machtlos. Auch wenn niemand, der mehr Einfluss hat, diese Machtposition ausnutzt, steht hinter allem was dir passiert die Gewissheit, dass du nicht viel mitzureden hast. Dieses subtile Gefühl der Passivität ist manchmal schwer zu erkennen. Aber hinterfrage ruhig öfter, ob du nicht etwas mehr Kontrolle über deine Aufgaben und deine sozialen Beziehungen benötigst, um zufrieden zu sein.
2. Keine Belohnungen
Wir können so abgebrüht tuen wie wir wollen, Belohnungen sind wichtig. Niemand kann sich ganz frei von dem Wunsch nach Anerkennung machen. Das Lob von der oder dem Vorgesetzten nach einer erledigten Aufgabe ist genauso wichtig wie das Danke von Freunden, denen man geholfen hat. Leider gibt es für viele Dinge im Leben keine Wertschätzung von Dritten. Da musst du dann selbst ran: stärke deine innere Stimme, und sage dir ruhig auch mal nach dem Wäsche-aufhängen, dass du das gut gemacht hast. Und rein gar nichts spricht dagegen dir schon heute für´s Wochenden eine Massage zu buchen und nicht erst, wenn du vor Rückenschemrzen nicht mehr aus dem Bett kommst. Du darfst Dinge für dich tuen, ganz ohne Not, einfach so. Verrückt, oder?
3. Keine Gemeinschaftlichkeit
Es gilt auch für die einsamen Wölfe unter uns: ohne sozialen Kontakte werden wir krank. Im Umkehrschluss gilt: Gemeinschaftlichkeit heilt. Dieses Gefühl der Wertschätzung in der Gruppe lässt sich natürlich nicht durch konstruierte Teambuilding-Maßnahmen künstlich erzwingen, sondern muss über einen langen Zeitraum des Vertrauen-Aufbauens wachsen. Bist du ein introvertierter Mensch, scheint das vielleicht eine unglaublich schwere Aufgabe zu sein. Aber gerade zurückgezogene und schüchterne Menschen gelten in ihren sozialen Kreisen als verlässliche und geschätze Freunde. Also hole dir deine Portion positiver Gruppen-Wertschätzung!
4. Keine Gerechtigkeit
Wenige Dinge werden dich emotional mehr erschöpfen, als das Fehlen von Fairness in Bezug auf dich oder andere Menschen in deinem Umfeld. Wir haben ein feines Gespür für mangelnde Gerechtigkeit und müssen lernen, dieses zu artikulieren. Übrigens: dazu gehört auch die nörgelnde innere Stimme. Sei fair zu dir selbst. Verurteile dich nicht für kleine Fehltritte. Die Welt ist bekloppt und niemand hat dir eine Anleitung für dein Leben gegeben. Also sei bitte nachsichtig mit dir!
5. Wertkonflikte
Wir alle haben Werte und Normen, nach denen wir handeln. Diese muss man im Alltag oft zurückstellen und wir können vielleicht nicht alle hauptberuflich für den Tier- und Umweltschutz oder Menschenrechtsorganisationen arbeiten. Aber musst du täglich gegen deine tiefsten Überzeugungen handeln, wird dich das emotional auslaugen. Arbeitest du für ein Unternehmen, hinter dessen Werten du nicht stehst oder musst du Produkte verkaufen, die du für sinnlos hälst, solltest du dich nach Alternativen umsehen. In fast jeder Branche gibt es inzwischen gute Unternehmen, die deinen Werten gerecht werden und in denen du deine persönlichen Überzeugungen nicht verstecken musst.
6. Überarbeitung
Überarbeitung ist natürlich ein wichtiger Faktor, aber einer, der am einfachsten zu erkennen ist. Dass Menschen maximal vier Stunden am Tag konzentriert arbeiten können, ist kein Geheimnis mehr. Aufgaben, die keine große kognitive Kraft erforden, kann man auch schonmal 6 bis 8 Stunden ausführen, alles darüber hinaus schadet unserem Gehirn. Ein konstant gesteigertes Stresslevel erhöht den Blutdruck, schadet den Gefäßen und dem Herz, eine Regeneration durch Schlaf ist plötzlich nicht mehr möglich und nach spätestens 2 Jahren ist man schon rein physisch am Limit.
Vertraue deinem Bauchgefühl
Das alles erklärt, warum sich soviele Menschen ausgelaugt fühlen, obwohl sie vielleicht keine extremes Arbeitspensum bewältigen müssen oder eine Überstunde nach der anderen leisten. Diese Personen gestehen sich die emotionale Erschöpfung selten ein, da sie sich im Kopf immer wieder sagen “Ach, soviel hab ich doch garnicht zu tun, ich kann garnicht erschöpft sein.” Aber höre genau auf deine innere Stimme und nehme Anzeichen für einen Erschöpfungszustand achtsam wahr. Wie schon in Ein guter Plan beschrieben: die Vermeidung von Krisen ist wesentlich leichter, als deren Beseitigung. Handle also so früh wie möglich, gestehe dir Probleme ein und ergreife Gegenmaßnahmen bevor du am Tiefpunkt bist, denn dann hast du kaum noch Kraft für Veränderungen.
Was ist deine Meinung zu dem Thema? Was saugt dir in deinem Leben deine Energie aus? Und was sind deine Tricks damit umzugehen?
Hallo, ich habe den Planer von meinem Mann bekommen. Er musste sich die letzten Jahre mitansehen wie es mir immer schlechter ging, letztes Jahr (2018) war es bei mir so weit dass sich alle Anzeichen für einen Burnout bei mir zeigten. Gesundheit und Psyche waren so angeschlagen, dass einfach nichts mehr ging. Zur Arbeit bin ich weiter gegangen nach einer kurzen Pause von ein paar Tagen.
Seitdem lebe ich „achtsam“.
Euer Planer ist grandios! All diese Übungen zur Achtsamkeit über die Definition der eigenen Werte, Ziele und Anzeichen für Burnout habe ich aufgesogen.
DANKE für diesen tollen Planer!
Ja, das kann ich absolut unterschreiben! Wenn ich etwas tue und das gut läuft, dann kann das sogar Batterien aufladen – sei es nun im Job, beim Sport oder beim “Schaffen” von Ordnung in der Wohnung (was sogar kreativ sein kann). Näher an der Erschöpfung bin ich, wenn ich versuche, etwas zu erreichen, was nicht klappt / nicht klappen kann. Sei es, dass ich das Ziel zu hoch gesteckt habe, sei es, dass es nicht in meinem Einflussbereich ist.
“Vermeidung von Krisen ist wesentlich leichter, als deren Beseitigung.” So ein wichtiger Satz in diesem tollen Beitrag! Aktuell spüre ich wie anstrengend es dir steht aus dem Burnout heraus zu kommen und und bin super dankbar auf meinm Weg so viel zu lernen durch Menschen wie dich!
Vielen Dank, der Artikel hat mir sehr die Augen geöffnet.
Denn obwohl ich mein Arbeitspensum aktuell nicht als übermäßig ansehen würde (war schon schlimmer), fühle ich mich einfach nicht mehr gut – habe aber bisher nicht verstanden, wieso dem so ist.
Jetzt wird das ganze für mich schlüssiger, die ersten Punkte treffen schon sehr zu und das macht mir einfach extrem zu schaffen.
Danke für den neuen Denkanstoss!
Eine sehr schöne Zusammenfassung! Ich erlebe es in meiner Arbeit als Psychologin und Psychotherapeutin auch immer wieder, dass Menschen kurz vor dem Burnout stehen (oder davon betroffen sind), obwohl sie nicht unbedingt unter der vermeintlich typischen völligen Überarbeitung leiden. Und dann oft den Eindruck haben, dass es doch gar nicht sein kann, denn “so viel” tun sie ja gar nicht…
Vielen Dank für den Artikel. Ich leite regelmäßig Workshops zu Themen wie Statusverhalten oder Authentizität (übrigens mit euren Werten aus “Ein guter Plan” 🙂 ) und Themen wie Burnout werden in unseren Diskussionsrunden immer wieder angeschnitten. Fehlende Anerkennung und Wertekonflikte finde ich besonders wichtig.
lg,
Sarah
Wenn Punkt 1-5 je zu fast 100% zutreffen braucht es nur wenige Monate für den Totalabsturz in eine mittelschwere Depression. Danke für den Artikel, jeden einzelnen Punkt kann ich nur unterschreiben!
Danke. Der Punkt Wertekonflikt ist für mich persönlich Gold wert. Vielleicht geht es auch anderen jüngeren Müttern meiner Generation so. Für mich wird es stressig, wenn es uns als Paar mal nicht gelingt, uns Kinder, Haushalt und Job gleichberechtigt “zu teilen”. So deute ich den Punkt für mich.
Ich finde den Artikel gut und er erfasst auch im Grunde alle Punkte, die man da mit einbeziehen sollte. Meiner Meinung nach spielt das Umfeld, also die Kollegen und auch die Führungskraft, die größte Rolle. Und genau dieses Umfeld kann einen, meiner Meinung nach, auch bei Überarbeitung vor einem Burnout schützen. Das sehe ich bei meinem Freund, der hatte ein super Team, alle haben zusammengehalten, haben in der Freizeit viel gemacht und unter der Woche ALLE viele Überstunden gesammelt. Da das aber innerhalb des Teams so super harmonisch war, hat er das selten mit heimgebracht, bei ihm war das Auslöschen glaube ich eher daher gekommen, dass er seit er 16 ist arbeiten geht und nie mal so eine richtige Auszeit hatte. Man setzt sich dann selber so unter Druck, will immer besser werden und mehr verdienen. Da können einem die Kollegen dann oft auch nicht helfen, weil dieser Druck von innen kommt und es schwer fällt darüber zu sprechen.
Ich finde es so super schwer, sich einen neuen Job zu suchen, nicht, weil man nichts finden würde, sondern weil einem vielleicht Freiheiten genommen werden, die man im vorherigen Job hatte. Jedoch denke ich auch, dass es ja keinen Sinn macht, in dem Betrieb zu bleiben, wenn man dauerhaft unglücklich ist und ständig nur Angst hat zu “versagen”.
Verrückt nur, dass man z.B. Geld in dem Moment über das eigene Glücklichsein stellt oder vielleicht auch stellen muss…